Ringvorlesung Lateinamerika Sommersemester 2021
Seit vielen Jahren veranstalten das Zentrum Lateinamerika (CLAC) und der Arbeitskreis Spanien-Portugal-Lateinamerika (ASPLA) eine interdisziplinäre Ringvorlesung zu kultur-, politik- und wirtschaftswissenschaftlichen Themen mit Lateinamerikabezug. Die Vortragsreihe richtet sich an Studierende aller Fakultäten der Universität zu Köln, an Gasthörer*innen, Lehrer*innen und Schüler*innen sowie die interessierte Öffentlichkeit und umfasst Beiträge herausragender nationaler und internationaler Expert*innen verschiedener Fachbereiche.
Unfreie Arbeit in Lateinamerika
In der interdisziplinären Ringvorlesung präsentieren ausgewiesene Expert*innen verschiedene Beispiele unfreier Arbeit in Lateinamerika. Dabei wird ein Bogen von der vorspanischen Zeit bis in die Gegenwart geschlagen und unterschiedliche Beispiele aus verschiedenen Regionen vorgestellt. Diese reichen von Bediensteten in vorspanischen Imperien über yanaconas in der Kolonialzeit bis zu asiatischen Kulis im 19. Jahrhundert, Kinderarbeit im 20. Jahrhundert und Hausangestellten in der Gegenwart. Die verschiedenen Formen der Arbeit bewegen sich dabei auf einem Kontinuum zwischen formell freier Arbeit und Sklaverei. Verschiedene Konzeption von (Un)freiheit in Bezug auf Arbeit und Arbeiter*innen werden zu Beginn der Ringvorlesung vorgestellt und es werden immer wieder Bezüge zwischen unfreier Arbeit, Migration, und Rassismus hergestellt.
Termine im Sommersemester 2021
Die Ringvorlesung findet an vorraussichtlich an zwölf Terminen donnerstags von 16:00 Uhr bis 17:30 Uhr über Zoom statt. Die Zoom-Zugangsdaten sind auf ILIAS zu finden.
Programm
Einführung - Sarah Albiez-Wieck (Universität zu Köln)
In der interdisziplinären Ringvorlesung präsentieren ausgewiesene Expert*innen verschiedene Beispiele unfreier Arbeit in Lateinamerika. Dabei wird ein Bogen von der vorspanischen Zeit bis in die Gegenwart geschlagen und unterschiedliche Beispiele aus verschiedenen Regionen vorgestellt. Diese reichen von Bediensteten in vorspanischen Imperien über yanaconas in der Kolonialzeit bis zu asiatischen Kulis im 19. Jahrhundert, Kinderarbeit im 20. Jahrhundert und Hausangestellten in der Gegenwart. Die verschiedenen Formen der Arbeit bewegen sich dabei auf einem Kontinuum zwischen formell freier Arbeit und Sklaverei. Verschiedene Konzeption von (Un)freiheit in Bezug auf Arbeit und Arbeiter*innen werden zu Beginn der Ringvorlesung vorgestellt und es werden immer wieder Bezüge zwischen unfreier Arbeit, Migration, und Rassismus hergestellt.
Die Einführungsveranstaltung verschafft einen allgemeinen Überblick zum thematischen Schwerpunkt der Ringvorlesung. Ebenfalls werden Informationen zu den zu erbringenden Leistungen für Bachelor- und Masterstudierende erläutert. Des Weiteren werden ILIAS und die darin zu findenden Dokumente besprochen.
Yanacona: Abhängige Arbeit im Inkareich - Kerstin Nowack (Unversität Bonn)
Im Inkareich waren die yana oder yanacona eine Kategorie abhängiger Menschen, die aus der grundlegenden sozial-politischen Einheit, dem ayllu, herausgelöst und Elite-Haushalten zugeordnet waren. Für diese arbeiteten sie größtenteils als Bedienstete, Feldarbeiter und Hirten. Diese Form von Abhängigkeit war im zentralen Andenraum offenbar weit verbreitet und wurde von den Inka vorgefunden, als sie im 15. Jahrhundert ihre Herrschaft über diese Region ausdehnten. Sie entwickelten die Institution der yanacona weiter; wie das aussah, wird ein Thema dieses Vortrags sein.
Zunächst wird Kerstin Nowack vorstellen, wie lokale Eliten yanacona unter der Herrschaft der Inka einsetzten und was daraus über die vorinkaischen Formen von Abhängigkeit geschlossen werden kann. Im Anschluss werden die politischen, wirtschaftlichen und religiösen Aufgaben der yanacona, die den Angehörigen der Inka-Elite direkt unterstanden, beschrieben. Weiter wird die Frage nach der Herkunft der yanacona angesprochen sowie die Legitimierung ihrer Stellung unter den Inka. Der Vortrag soll Antworten darauf geben, wie diese Form von Abhängigkeit eingeordnet werden kann und ob sie sogar als Sklaverei anzusehen ist.
Coercion and Labor in Charcas (Present-Day Bolivia) during the 17th Century: behind the Scenes of Research - Raquel Gil Montero (Unversidad de Buenos Aires)
El siglo XVII se caracterizó en Charcas por un incremento de la coacción en el mundo del trabajo indígena. Esto fue así, principalmente, porque mientras esta población continuó su declive y siguieron desestructurándose sus pueblos, la demanda de mano de obra aumentó, tanto por la llegada de nuevos españoles que no fueron beneficiados con el repartimiento de “indios”, como por la expansión y diversificación de su economía. En esta presentación Raquel Gil Montero mostrará los resultados iniciales de un proyecto que está siendo desarrollado para estudiar el mundo del trabajo y la coacción. Raquel Gil Montero explicará cómo los análisis de las fuentes están siendo abordados y cuales son los elementos tomados en cuenta para pensar la coacción.
The Other Slavery - Andrés Reséndez (University of California, Davis)
Andrés Reséndez will speak about his recent book, The Other Slavery, which examines the system of bondage that targeted Native Americans, a system that was every bit as terrible, degrading, and vast as African slavery. Anywhere between 2.5 and 5 million Native Americans may have been enslaved throughout the hemisphere in the centuries between the arrival of Columbus and the beginning of the 20th century. And, interestingly, in contrast to African slavery which targeted mostly adult males, the majority of these Indian slaves were women and children.
Mexico’s New Slavery: A Critique of Neo-Abolitionism to Combat Human Trafficking (la trata de personas) - Grace Peña Delgado (University of California, Santa Cruz)
This presentation examines contemporary New Abolitionism as it redefined human trafficking law in Mexico. Until 2012, Mexico’s federal law understood human trafficking consistent with the United Nations protocol as action, means, and purpose. Under the ultra-right presidential administration of Felipe Calderón Hinojosa (2006-2012), New Abolitionists attained a level of national political influence and mounted a successful campaign to replace existing law with legislation defining human trafficking as slavery. New Abolitionists likewise framed human trafficking as a lucrative activity of drug cartel networks. Linking human trafficking to international organized crime fostered a new alliance between Calderón and President George W. Bush based on mutual national security interests against cartel violence and a shared view that human trafficking included sex work. With the advance of the General Law, although dubious according to labor rights and feminist critics, Neo-Abolitionism gained traction within anti-feminicide (feminicidio) circles as a potential legal instrument to fight gender violence and sexual exploitation. The drift of anti-feminicide politics toward Neo-Abolitionism, although incomplete, departed from customary feminist advocacy of labor- and sex worker- rights for greater individual freedoms. In such reconfigurations, violent and often lethal security measures to combat the war on drugs transferred to the fight against human trafficking.
Globale und unfreie Arbeit in Lateinamerika - Michael Zeuske (Universität Bonn)
Details zur Sitzung: T. B. A.
Chinos Colonos/Chinos Culíes: Extension of Slavery or Transition to Free Labor in Late Colonial Cuba - Evelyn Hu-DeHart (Brown University)
In mid-19th century, Cuban planters went far afield to South China to recruit laborers to supplement a dwindling slave labor force on their plantations. Historians of Cuba tend to equate these Chinese contract workers or "coolies" to slaves, given the comparable nature of the "middle passage" to Cuba and their insertion into the well-established slave regime of the plantations. On the other hand, documentary evidence reveals a different life and work trajectory for the Chinese after completion of their 8-year contracts, suggesting a transition to freedom; moreover, evidence also suggests a differentiation in work assignments between coolies and slaves on the plantations. This lecture explores the life and work of some Chinese coolies as they transition out of the plantation.
Europäer statt Sklaven - Tim Wätzold (Unabhängiger Forscher)
Das vergleichsweise späte Ende der Sklaverei in Brasilien 1888 überschnitt sich mit der bereits einsetzenden europäischen Massenimmigration nach Südamerika. Um die Agrarexportwirtschaft in Form von Plantagen bewirtschaften zu können, entwickelte sich, vor allem in der Kaffeeanbauregion von São Paulo, ein fließender Übergang, bei dem die unfreie Arbeit durch freie, europäische Arbeitskräfte ersetzt wurden. Als 1850 der Handel mit Sklaven in Brasilien verboten wurde, führte dies zum Bestreben der herrschenden Eliten zur Modernisierung ihrer Zivilisation durch 'embrancamento', der Anwerbung europäischer Einwanderer. Bereits 1886 gründeten einige Kaffeebarone aus São Paulo eine diesbezügliche Gesellschaft und 1890 beteiligte sich auch die brasilianische Regierung an der Förderung der Immigration, u. a. mit bezahlter Überfahrt und Landparzellen zur Bewirtschaftung. Besonders für die ärmsten Europäer war dies im Vergleich zur Auswanderung in die Vereinigten Staaten ein verlockendes Angebot, jedoch waren die Gegebenheiten vor Ort oft enttäuschend. Die Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse auf den Plantagen waren durch die Sklaverei geprägt. Zahlreiche Konflikte sowie Widerstände waren das Resultat. Die Missstände vor Ort führten zu Verboten der subventionierten Auswanderung nach Brasilien durch verschiedene europäische Nationen und vor Ort zur Organisation der Einwanderer.
Die Veranstaltung bietet einen Überblick vom Übergang der Sklaverei zur freien Lohnarbeit in Brasilien zur Zeit der europäischen Massenimmigration, 1850 bis 1920.
Optionale Veranstaltung: Addressing forced labour in agriculture: The case of the Fair Food Programme in the United States - Fabiola Mieres (International Labour Organization)
This talk addresses the historical challenges faced by farm workers in labouring the fields that provide the vegetables and fruits that we eat every day. The focus will be on the United States, but temporary schemes that attract migrant farm workers are prominent in many industrialised countries. The COVID-19 pandemic has shown us that these schemes are in serious need of redesign if labour rights and social justice are to be realised. The Fair Food Programme (FFP) in the US provides an alternative to rethink the paradigm of exploitative conditions in the agriculture sector in contexts where state regulation might not be enough. We will explore the key elements of the FFP, as well as potentials for expansion in other parts of the world and complementarities with forms of state regulation.
Die Zoom-Zugangsdaten für diese optionale Veranstaltung sind auf ILIAS zu finden.
Presidios, Penal Transportation and Convict Labour in Spanish America (1760s-1810s) - Christian de Vito (Universität Bonn)
The lecture addresses the relationship between labour coercion and im/mobility in the colonial Andes from the perspective of two entangled historical processes, namely: on the one hand, the regime of coercion designed by Viceroy Francisco de Toledo in the 1570s, based on the forced concentration of the indigenous population (reducción) and the related imposition of tribute and tributary labour (mita); on the other hand, the social dynamics that disrupted that system of domination, including the competitions among the elites for the indigenous workforce and the indigenous workers’ own mobility. The presentation especially focuses on the various practices of coercion that were imbricated in the mobilization and immobilization of the indigenous workforce. Moreover, it argues that the analysis of the tension between the “Toledan system” and its subversions provides a vantage point to address broader theoretical and methodological issues, such as: the entanglements between top-down “regimes of mobility” and bottom-up “repertoires of mobility” (Glick Schiller and Salazar 2012; Siegelbaum and Page Moch 2014); the limits of the processes of synchronisation of the flows of people, commodities and capital that make up the “logistic of migration” (De Vito and Sacchi Landriani 2020); and the ways exiting from regimes of forced labour can result into the creation of a “bridled wage labour” (Moulier-Boutang 1998) in relation to debt, anti-vagrancy policies and punitive practices. More generally, by foregrounding labour coercion and mobility, the lecture suggests the need to move beyond the analysis of clear-cut „labour relations“ (e.g. slavery, serfdom, tributary labour, etc.) and rather address the processes by which various modalities of labour coercion emerged in distinct contexts.
Kinderarbeit in Lateinamerika als Herausforderung für die Entwicklungszusammenarbeit - Praxisbeispiele der Projektarbeit des Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' - Kindermissionswerk 'Die Sternsinger' e. V.
Kinderarbeit in Lateinamerika als Herausforderung für die Entwicklungszusammenarbeit - Praxisbeispiele aus der Projektarbeit des Kindermissionswerk, Die Sternsinger' e.V.“: Ein theoretischer Teil zu Beginn wird sich u.a. mit Kinderarbeit zwischen Freiheit und Unfreiheit befassen. Anschließend werden unterschiedliche Formen aktueller Kinderarbeit in drei verschiedenen Kontexten Lateinamerikas vorgestellt, Ursachen und Auswirkungen dargelegt sowie Lösungsansätze unserer Projektpartner aufgezeigt. Abschließend gibt es Möglichkeit zur Diskussion.
Transnational migration and unfreedoms in Bolivia's transnational spaces - Tanja Bastia (The University of Manchester)
Haushaltsarbeit, Migration und Affekt: Lateinamerikanische Migration von Frauen in Westeuropa - Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Justus-Liebig-Universität Giessen)