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Ideengeschichte, Intellektuelle und Antiintellektualismus in Lateinamerika – Zwischen Rezeption europäischer Ideen und Formierung neuer Diskurse

Ringvorlesung SS 2012: Ideengeschichte, Intellektuelle und Antiintellektualismus in Lateinamerika – Zwischen Rezeption europäischer Ideen und Formierung neuer Diskurse

Gesundheitssysteme in Lateinamerika im Hinblick auf universelle Absicherung und soziale Gerechtigkeit

Gesundheitssysteme in Lateinamerika im Hinblick auf universelle Absicherung und soziale Gerechtigkeit

Allgemeines

Seit vielen Jahren veranstalten das Zentrum Lateinamerika und der Arbeitskreis Spanien-Portugal-Lateinamerika eine Ringvorlesung zu Kultur-, Politik- und Wirtschaftswissenschaftlichen Themen mit Lateinamerikabezug.

Die Vortragsreihe richtet sich an Studierende aller Fakultäten der Universität zu Köln, an GasthörerInnen, LehrerInnen und SchülerInnen sowie die interessierte Öffentlichkeit und umfasst Beiträge herausragender nationaler und internationaler Experten verschiedener Fachbereiche.

Ideengeschichte, Intellektuelle und Antiintellektualismus in Lateinamerika – Zwischen Rezeption europäischer Ideen und Formierung neuer Diskurse

Im Sommersemester 2012 wird sich die Ringvorlesung mit der Ideengeschichte, Intellektuellen und Antiintellektualismus in Lateinamerika auseinandersetzen. Dabei soll nicht nur versucht werden, den diffusen Begriff des Intellektuellen näher zu bestimmen und grundlegende Ursachen für das ihm entgegengebrachte Ressentiment zu ergründen, sondern auch genuin lateinamerikanische Spezifika herauszuarbeiten sowie die wichtigsten ideengeschichtlichen Strömungen des Subkontinentes darzustellen. Hierbei soll auch der Frage nachgegangen werden, inwiefern westliche Traditionslinien affirmativ rezipiert und erweitert oder aber bewusst verworfen werden.

Ausgehend von der Unabhängigkeit Lateinamerikas und der Frage wie sich die Ablösung von den iberischen Mächten im Denken der kolonialen Eliten spiegelte und welche Auswirkungen die kulturell wie politische "soledad latinoamericana" auf die dort produzierten Ideen hatte, sollen Entwicklungslinien bis hin zu zeitgenössischen Diskursen hergestellt werden. Sicher ist die Entwicklung intellektueller Strömungen eng an den historischen Kontext geknüpft, dennoch soll versucht werden keine reine Auflistung verschiedener Denkschulen zu präsentieren sondern eine an historischen wie philosophischen Querverweisen ausgerichtete Typologie zu erarbeiten.

Anmeldung und Zertifizierung

Die Ringvorlesung Lateinamerika ist Teil des Studium Integrale der Philosophischen Fakultät. B.A.-Studierende können für die regelmäßige Teilnahme Credit Points erwerben. Voraussetzung für den Erwerb von 4 CP im Rahmen des Studium Integrale der BA-Studiengänge oder eine sonstige Bescheinigung über aktive Teilnahme sind die regelmäßige Teilnahme, die Anfertigung eines Wikieintrages zu einer Sitzung sowie eine Anmeldung über KLIPS.

Die Wiki findet sich unter: https://wiki.uni-koeln.de/clac/

Die Ringvorlesung Lateinamerika finden Sie als Bachelor-Studierender bei KLIPS unter: Veranstaltungsbelegung > jeweiliger Studiengang > Studium Integrale > PhilFak/HumF - Studium Integrale - Universitas - Veranstaltung (2 CP) > 42868 Ringvorlesung Lateinamerika. Diplom- und Magisterstudierende melden sich, wenn sie eine Bescheinung über die Teilnahme benötigen, ebenfalls bei KLIPS an.

Für Studierende des Masterstudiengangs Regionalstudien Lateinamerika bildet die Ringvorlesung Teil des Ergänzungsmoduls 2. Auch diese müssen sich über KLIPS zur Veranstaltung anmelden. Anstelle eines Wikieintrages müssen sie einen kurzen Essay zum einem der in der Ringvorlesung behandelten Themen verfassen.

Termine im Sommersemester 2012

Die Ringvorlesung Lateinamerika (42868) findet jeweils donnerstags, 17:45 - 19:15 Uhr, in Raum S22 im Seminargebäude statt.

05.04.2012

Organisatorisches zur Veranstaltung, CPs, etc

CLAC

12.04.2012

Einführung

Antonio Sáez-Arance, Köln

19.04.2012

Humboldt, Miranda, Bolívar und Arango - Liberalismus zur Zeit der Independencia

Michael Zeuske, Köln

26.04.2012

"Seien wir wie die USA! Seien wir die USA!" Entwicklung als Nachamhung. Liberalismus und Positivismus in Lateinamerika

Andreas Boeckh, Tübingen

03.05.2012

Die zweite lateinamerikanische Unabhängigkeit: Kuba und der compromiso social der Intellektuellen mit der Idee der Revolution

Thomas Neuner, Köln

10.05.2012

In Amerika und Europa. Lateinamerikanische Intellektuelle

Nikolaus Werz (Rostock)

17.05.2012

Vorlesungsausfall wegen Christi Himmelfahrt

 

24.05.2012

Denken im Zeichen von Brisanz - Marxismus, Lateinamerika und die 'langen 1960er' Jahre

David Mayer, Wien

31.05.2012

Vorlesungsausfall wegen Pfingstferien

 

07.06.2012

Vorlesungsausfall wegen Fronleichnam

 

14.06.2012

Die lateinamerikanische Befreiungstheologie: Entstehung, Entwicklung - und Aktualität?

Christine Unrau, Köln

21.06.2012

Von Odeplan boys, Gremalistas und anderen: die Rolle der Ideen und Intellektuellen bei der neoliberalen Konterrevolution in Chile

Karin Fischer, Linz

28.06.2012

Intellektuellen(selbst)bilder: von José Enrique Rodó zu Octavio Paz

Katharina Niemeyer, Köln

05.07.2012

Kosmopolitische Intellektuelle vs. antiintellektuelle Nationalistin: Victoria Ocampo und Evita Perón

Barbara Potthast, Köln

12.07.2012

Neue Bilder von der Neuen Welt: Indigenismus und Moderne in Lateinamerika

Karoline Noack, Bonn

 

Liberalismus und Positivismus in Lateinamerika

26.04.2012 (Andreas Boeckh, Tübingen)

Für die am europäischen Liberalismus und Positivismus geschulten Intellektuellen Lateinamerikas war die Entwicklung der Region weitgehend gleichbedeutend mit der Übernahme europäischer und später auch US-amerikanischer Blaupausen von Modernität. Der Vortrag befasst sich mit den in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gängigen Konzepten von Modernisierung, mit deren entwicklungspolitischen Umsetzung und den daraus resultierenden Folgen für die gesellschaftlichen und politischen Strukturen der Region. Zugleich geht er auf erste Versuche ein, der fast bedingungslosen Außenorientierung eine eigene, lateinamerikanische Identität entgegenzusetzen.

 

Die zweite lateinamerikanische Unabhängigkeit: Kuba und der compromiso social der Intellektuellen mit der Idee der Revolution

26.04.2012 (Thomas Neuner, Köln)

Kuba. Kaum ein zweites lateinamerikanisches Land zog in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhundert eine vergleichbare Aufmerksamkeit auf sich. Der tiefgreifende Transformationsprozess auf Kuba und seine Deutung stellen innerhalb der sozialen Kämpfe Lateinamerikas eine Zäsur dar. Das Thema dieses Vortrages sind daher die neuen kognitiven Orientierungsmuster sowie die politische Mobilisierung, die insbesondere für viele lateinamerikanische Intellektuelle mit dem kubanischen Projekt verbunden waren. In den Ausführungen wird zunächst nach dem Verhältnis zwischen der kubanischen Regierung und den Intellektuellen gefragt. Anschließend werden die zentralen ideengeschichtlichen Strömungen betrachtet, welche ab Anfang der 1960er Jahre ausgehend von Havanna das politische Denken der Intellektuellen prägten und in den sozialen Kämpfen des Subkontinents politisch wirksam wurden. Aus globalgeschichtlicher Perspektive und vor dem Hintergrund der neuen ideengeschichtlichen Programmatik der französischen Maibewegung soll zum Schluss des Vortrages der Frage nachgegangen werden, inwieweit im Zusammenhang mit Kuba von einer ?Weltwende 1968? gesprochen werden kann oder ob ?1968? für Kuba?sowohl in ideeller Hinsicht als auch auf politischer Ebene?nicht vielmehr einen qualitativen Einschnitt bedeutete und letztlich Prozesse der Dissoziation beförderte.

 

In Amerika und Europa. Lateinamerikanische Intellektuelle

10.05.2012 (Nikolaus Werz, Rostock)

Intellektuelle scheinen in Lateinamerika eine herausragende Rolle zu spielen. Schon im 19. Jahrhundert wurden einzelne Denker Staatspräsidenten, wie der Argentinier Domingo Faustino Sarmiento. Ende des 20. Jahrhunderts regierte der Soziologe Fernando Henrique Cardoso Brasilien, er gilt als einer der Väter der Dependencia-Ansätze.

Der Vortrag analysiert den Standort der lateinamerikanischen Intellektuellen zwischen (Latein-)Amerika und Europa. Dabei wird von einem gewissen Spannungsverhältnis zwischen Eigenständigkeit und ausländischen Vorbildern ausgegangen, die u.a. in der Dependencia-Debatte zum Ausdruck kam.

Er ist in fünf Punkte gegliedert: Eingangs wird die Rolle der Intellektuellen in der lateinamerikanischen Geschichte als Wandel von der Revolution zur Demokratie geschildert (1). Anschließend werden neuere Untersuchungen zu den Intellektuellen in der Region vorgestellt (2). Anfang des 21. Jahrhunderts lässt sich auch dort ein Bedeutungsverlust der Intellektuellen feststellen (3). Vor dem Hintergrund dieses historischen Überblicks wird eine Typologie der Intellektuellen und von Bewegungen mit intellektueller Begleitung versucht (4). Der Schlussteil verortet die lateinamerikanischen Intellektuellen zwischen (Latein-)Amerika und Europa (5).

 

Von Odeplan boys, Gremalistas und anderen: die Rolle der Ideen und Intellektuellen bei der neoliberalen Konterrevolution in Chile

21.06.2012 (Karin Fischer, Wien)

Chile eignet sich in besonderem Maße, um die Rolle neoliberaler Ideen und Akteure bei der Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft zu studieren. Denn nach dem Putsch gegen die Linksregierung von Salvador Allende im Jahr 1973 wurde das Land zu einem Versuchslabor für neoliberale Politik: Marktradikal geschulte Ökonomen und rechtsliberale Juristen stiegen in hohe Staatsämter auf und erhielten von Diktator Pinochet die Möglichkeit, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen. Aber nicht erst nach dem Regierungsantritt von Allende bildete Chile einen besonderen Kampfplatz von Ideologien. Am Hauptsitz der UN-Wirtschaftskommission CEPAL, in Santiago, arbeiteten seit den späten 1950er Jahren kritische Entwicklungsforscher an strukturalistischen Theorien zur Erklärung von Unterentwicklung und formulierten wirtschaftspolitische Empfehlungen für eine binnenmarktorientierte Industrialisierung.

In dem Vortrag werden die frühen, in die 1950er Jahre zurückreichenden Initiativen von US-Institutionen beleuchtet, um neoliberale Ideen in der akademischen Welt Lateinamerikas, insbesondere in Chile, zu verankern. In einem zweiten Schritt wird am Beispiel dieses Landes herausgearbeitet, auf welche Weise transnationale Diskurskoalitionen mit ideologischen Strömungen und Akteuren vor Ort verschmelzen und in einem bestimmten historischen Moment politisch wirksam werden. Im dritten Teil des Vortrags wird dann die Transformation in Chile mit Blick auf die dort wirksamen neoliberalen Denkschulen aufgerollt. Dabei kommen nicht nur die monetaristischen Lehren aus Chicago und ihre lokale Adaption zur Sprache. Auch die Vertreter der Public Choice-Theorie sind hier zu nennen, deren Ansichten die Grundlage für die Umgestaltung des chilenischen Wohlfahrtsregimes bildeten, oder die österreichische Schule der Nationalökonomie, genauer F.A. Hayek, der Ideen zur Ausgestaltung des institutionellen Systems lieferte.

Auf Grundlage der Ausführungen werden am Ende Thesen über den Zusammenhang von Ideen und materiellen Entwicklungen formuliert , die dazu beitragen sollen, die Mobilisierung und Wirkkraft neoliberaler Wissensbestände und ihrer Vermittler in konkreten historischen Umständen besser zu verstehen. Dabei wird es als besonders wichtig erachtet, transnationale Transferprozesse mit einzubeziehen.

 

Neue Bilder von der Neuen Welt: Indigenismus und Moderne in Lateinamerika

12.07.2012 (Karoline Noack, Bonn)

Der Indigenismus kann als eine intellektuell-künstlerische Bewegung, ein politisches Programm, ein Forum für wissenschaftliche Neuanfänge verstanden werden; alles in allem als ein Projekt der Moderne Lateinamerikas. Vielfältige Ausdrucksformen fand er in der schöngeistigen Literatur, in der Malerei, der Fotografie, in politischen Schriften, der Kulturkritik, in der Anthropologie und Archäologie. Der „klassische“ Indigenismus der 1920er und 1930er Jahre war pan-amerikanisch und gleichzeitig national, war doch das Ziel der Bewegung nichts Geringeres als eine Neugestaltung der Nation. Wie diese „vorgestellt“ wurde, welche Bilder und Ideen von einer erneuerten Nation mit ihren „nuevos Indios“ verhandelt wurden, welche Akteure an diesem sehr widersprüchlichen Phänomen mitwirkten, welche historischen Vorläufer und welche Grenzen diese Bewegung hatte, wird in dem Vortrag am Beispiel Peru erörtert werden.